Der 9. November - ein deutscher Nationalfeiertag / Gedenktag?


 

Immer wieder wird diskutiert, ob der 9. November als deutscher Nationalfeiertag taugt. Insbesondere in

Der 9. November ist durch seine historische Mehrfachbesetzung  als Gedenktag nicht ganz unproblematisch. Mit diesem Datum verbindet sich - in chronologischer Reihenfolge - die Erinnerung an 

Wenig bekannt ist, dass die Nationalsozialisten Anfang der dreißiger Jahre erwogen hatten, den von ihnen 1934 in »Heldengedenktag« unbenannten und per Gesetz zum Staatsfeiertag erhobenen (Träger waren die Wehrmacht und die NSDAP, die Richtlinien über Inhalt und Ausführung unterlagen dem Reichspropagandaminister) war »Marsches auf die Feldherrnhalle« »Gefallenen« mit dem Gedenken an die »Gefallenen« des Ersten Weltkriegs in eine Reihe stellen und mit diesem »Heldengedenken« den Tag erinnerungspolitisch neu besetzen - also die Erinnerung an die Ausrufung der von ihnen ungeliebten und bekämpften Republik konterkarieren. Beinahe wäre also der 9. November unter diesen Vorzeichen von den Nazis zum nationalen Gedenktag erhoben worden.

Insbesondere zum 10. Jahrestag der Maueröffnung hat, was die öffentliche Wahrnehmung und Medienpräsenz betrifft, die Erinnerung an die Ereignisse am 9. November 1989 den Tag in besonderer Weise geprägt. Ob dadurch die Erinnerung an den Novemberpogrom auch langfristig eher verdrängt werden, lässt sich heute noch kaum ausmachen. Aufgrund der Koinzidenz dieser beiden Erinnerungsanlässe, die zu einer Konkurrenz ihrer spezifischen Inhalte führen könnte, erscheint es als besonders wichtig, dass der 27. Januar als eigener Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus etabliert wurde.

Die Entwicklungen, die das Gedenken an die Ereignisse des 9. und 10. November 1938 in Deutschland charakterisieren, sind überaus komplex und - etwa in Hinblick auf die unterschiedlichen Systeme in der Altbundesrepublik und in der ehemaligen DDR und den damit verbundenen unterschiedlichen Lesarten der Geschichte des Nationalsozialismus - durchaus widersprüchlich.

Als charakteristisch für den bundesrepublikanischen Umgang mit diesem Datum dürfte sein, dass sich neben offiziellen Gedenkveranstaltungen der jüdischen Gemeinden, des Bundestags, der Länderparlamente und Landesregierungen, ein zunehmend breiter Kreis von Veranstaltern entwickelt hat, zu dem die christlichen Kirchen ebenso gehören wie andere gesellschaftliche oder politische Verbände und Organisationen. Lokale historische Untersuchungen, die z.T. von den jeweiligen kommunalen Verwaltungen, Parlamenten und Einrichtungen der Bildungsarbeit mitinitiiert, finanziert und unterstützt wurden, haben zu einer Vielzahl von Ausstellungen und Publikationen geführt, die das Verfolgungsgeschehen und die jüdische Geschichte vor Ort - oft in der Konzentration auf die Zeit der nationalsozialistischen Verfolgung - zum Gegenstand haben.

Seit etwa Mitte der neunziger Jahre hat sich in vielen Städten die - oft Stunden oder sogar Tage (etwa in Berlin und Hamburg) andauernde - öffentliche Verlesung der Namen deportierter und ermordeter Juden als Gedenkform etabliert, in der zugleich die Individualität der Opfer und das zahlenmäßige Ausmaß des Mordgeschehens herausgehoben werden, um die unfassbare Dimension des Ge­schehens zu dokumentieren. Daran sind häufig auch Schülergruppen beteiligt. Diese an der in Israel entwickelten Tradition anknüpfende Gedenkform für den dortigen Jom haSchoah wurde nunmehr vielfach auf den 27. Januar verlegt.

Die folgende exemplarische Darstellung von Gedenkformen kann eben wegen der erwähnten Vielfalt keinen annähernd erschöpfenden oder auch nur repräsentativen Eindruck von den Veranstaltungen und Aktivitäten vermitteln, die das komplexe Bild dieses Tages prägen.

Eine vollständigere Dokumentation zum gedenkenden Umgang mit der Geschichte des Nationalsozialismus und des Holocaust, die von der FAS im Auftrag des Auswärtigen Amtes erstellt wurde, lässt sich hier in deutscher und englischer Sprache herunterladen. Dort finden Sie auch die Nachweise zu den Zitaten.