Arbeit mit Fotos


  

Zur Arbeit mit Fotos

rororo.jpg (9873 Byte) In diesem Teilprojekt wollen wir versuchen, neue Zugänge zum Thema über Fotos zu wählen. Diese Unterrichtseinheit bezieht sich zum Teil auf das Buch »Thema Holocaust. Ein Buch für die Schule.« Das vorgestellte Projekt soll eine umfassendere Auseinandersetzung mit dem Thema nicht ersetzen, sondern ergänzen oder vorbereiten [vgl. Abram/Heyl, 142-151].

Die FAS bittet Lehrerinnen und Lehrer, die mit den Unterrichtsmaterialien arbeiten, um Erfahrungsberichte, die wir gerne vertraulich behandeln. Wenn Sie und/oder Ihre Schülerinnen und Schüler das möchten, können Ihre Ergebnisse auch auf unserer Website präsentiert werden. Sollten Sie selber eine Webpräsentation realisieren, würden wir von unserer Seite darauf ein »link« setzen. Oder Ihre Erfahrungen und Projektergebnisse (z.B. Collagen, Schemata o.ä.) werden Teil dieser Unterrichtsmaterialien. Sprechen Sie uns einfach an.

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Einleitung

Diese Unterrichtseinheit soll anhand der Arbeit mit Fotos einen multiperspektivischen Zugang zur Geschichte des Holocaust bieten und zu entwickeln helfen. Dabei gehen wir von dem Imperativ aus, den der israelische Historiker Yehuda Bauer formuliert hat:

»Thou shalt not be a victim. Thou shalt not be a perpetrator. Above all, thou shalt not be a bystander.«

Damit sind drei Gruppen benannt, die das Bild der »Gesellschaft des Holocaust« prägen: Täter (perpetrator), Opfer (victim) und Zuschauer (bystander).

In Unterrichtsmaterialien zum Thema Holocaust hat es sich in den vergangenen Jahren zunehmend durchgesetzt, individuelle Entscheidungssituationen und Handlungsspielräume einzelner Menschen zu behandeln, um einerseits deutlich zu machen, dass es auf den einzelnen ankommt (das englische Stichwort lautet: »One can make a difference«), und um andererseits die Geschichte möglichst konkret werden zu lassen. Auch die Geschichte des Holocaust ist von Menschen erlebte, erfahrene und gestaltete Geschichte.

Mit dieser zeitlich überschaubaren Unterrichtseinheit soll ein Zugang eröffnet werden, der vielleicht ungewöhnlich ist. Fotos aus der Zeit des Geschehens werden zum Anlass für die Reflexion über das Geschehen gewählt. Sie dienen einerseits als historische Quelle, andererseits aber auch als aktueller Gesprächsanlass.

Die Schülerinnen und Schüler sollen


Einstieg

Ein oft gesehenes Bild. Ein afrikanisches Kind.

Das Foto hinter dem Foto.

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 Die Aufgaben wiederholen sich:

Idee: Vielfach reagieren Erwachsene – und auch Kinder und Jugendliche – mit einer gewissen Abstumpfung auf Bilder wie das erste. Zu viele solcher Fotos haben wir schon gesehen, als dass wir sie jedes Mal wieder als Abbild einer individuellen Geschichte begreifen wollten oder könnten. Es ist ein ganz normaler psychischer Abwehrmechanismus, sich gegen die immer wiederkehrende Botschaft der Bilder taub zu machen, sich abzuwenden.

Dennoch – oder gerade darum! – wollen wir versuchen, einen Zugang zu wählen, mit dem sich wenigstens einzelne Bilder neu erschließen lassen. Die Diskussion beginnt an einem Punkt, an dem man an den Holocaust noch nicht denkt. Auch der Hunger ist Folge eines »man-made disaster«. Für die Armut der »Dritten Welt« wurde der Begriff der »strukturellen Gewalt« geprägt.

Schnell sind wir bei Fragen von Opfern, Tätern und Zuschauern. »Wer schweigt, wird mitschuldig!« - Die Fotografen sollen »…dem Kind helfen«, »…ihm zu essen geben«, »…es nach Europa mitnehmen«, statt es zu fotografieren. Aber welche Überlebenschance hätte das Kind dann? Und es ist nicht das einzige Kind, das dort verhungert – wir sehen nur eben dieses eine Kind gerade auf dem Foto. Wollen die Fotografen helfen, indem sie fotografieren, wollen sie die Welt darauf aufmerksam machen? Oder geht es ihnen bei diesem Auftrag wie bei jedem anderen – schließlich leben sie davon, es ist ihre Arbeit…

Vielleicht erleben Sie hier – wie auch bei den weiteren Fotos – betont lässige, auch zynische und kalte [Abram/Heyl, 11-14] Reaktionen. Sie sind in erster Linie Teil der psychischen Abwehr. Eventuell ist es Ihnen möglich, mit den Schülerinnen und Schülern darüber zu sprechen, warum sie so reagieren. Erwarten sie nicht zu viel von ihnen. Identifikation mit den Opfern ist für Jugendliche nicht unbedingt das Naheliegende [Abram/Heyl, 39,22,37f].

Schließlich muss uns als Pädagogen die Frage beschäftigen, ob es vertretbar ist, das Bild des afrikanischen Kindes – wie auch die anderen Fotos aus der Geschichte des Holocaust – pädagogisch zu nutzen. Ist es gegenüber der Würde der Abgebildeten vertretbar, ihr abgebildetes Schicksal pädagogisch zu instrumentalisieren – zu welchem guten Zweck auch immer, und sei es zur Sensibilisierung unserer Schüler? Unsere Lage ist ähnlich wie die der Fotografen.

Wie vermeiden wir es, den Schülerinnen und Schülern mit einer »Betroffenheitspädagogik« zu viel abzuverlangen, ihre Gefühle einer »Choreographie der Emotionen« von außen zu unterwerfen? Wie vermeiden wir eine Schockpädagogik, mit der wir ihnen eher Zugänge versperren als öffnen, ihre Abwehr noch bestärken? Wie kommen wir drumherum, dass bald die »Betroffenheit« das vorherrschende Thema ist, der Anlass dafür in den Hintergrund gedrängt wird?

Diese Unterrichtseinheit will Zugänge öffnen, indem sie die Bilder, die Abwehr, diese Fragen ernst nimmt. Gelingt es ihr, gelingt es uns?

1. April 1933 - »Abwehrboykott«

1. April 1933, Dresden

 Wien, 1938 [Abram/Heyl, 189]

 Wien, 1938

Weitere Fotos: Abram/Heyl, 187 (dazu: Quelle und Darstellung, Abram/Heyl, 188ff], Abram/Heyl, 188, Abram/Heyl, 195 [dazu: Quellen und Darstellung, Abram/Heyl, 196-200], Abram/Heyl, 217f [dazu: Quellen und Darstellung, 205-219], Abram/Heyl, 226 [dazu: Quelle, Abram/Heyl, 226].

 Bislang wurden Fotos aus der Zeit der Verfolgung behandelt, nicht aus der des Mordens. Dafür gibt es insbesondere drei Gründe:

Das Verstörende an den Fotos, die das Mordgeschehen zeigen [etwa: Abram/Heyl, 144, Text Abram/Heyl, 143f, Problematisierung Abram/Heyl, 142-151], ist, dass es Bilder gibt, die die Opfer neben den Tätern, ihren Mördern, zeigen, und dass viele dieser Fotos neben Familienbildern in Fotoalben aus dem Zweiten Weltkrieg klebten. Bei »ganz normalen Männern«, die zu noch »normaleren Großvätern« wurden. Hier werden Fragen nach der Motivation der Fotografierenden und nach der Haltung der Fotografierten zu ihrem Tun aufgeworfen.

Durch Reflexion kann die Verstörung nicht beiseite geschoben werden, aber vielleicht hilft uns die Reflexion, etwas mit der Verstörung zu beginnen.

Einsatzgruppe D, Vinnitsa, UdSSR, 1942

mord.jpg (28398 Byte)

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»Die Gesellschaft des Holocaust« [Abram/Heyl, 314]

Oskar Schindler

»Die Gesellschaft des Holocaust« - Oskar Schindler

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Schindler wechselte seine Rolle im historischen Geschehen. Er entschied sich im Rahmen der damaligen Möglichkeiten für verschiedene Haltungen und war wechselte seine Rolle im historischen Geschehen. Er entschied sich im Rahmen der damaligen Möglichkeiten für verschiedene Haltungen und war

1 - zuerst Zuschauer, wie fast alle,

dann

2 - Mitläufer / Nazi: Mitglied der NSDAP,

dann

3 - Helfer der Nazis / Täter: Profiteur der »Arisierungen« / »Arisierer«,

schließlich

4 - Helfer der Verfolgten: Retter »seiner« Juden.

 

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