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»rechtsextremismus@aol.com«


 

Fallstudie: Rechtsextremisten online bei AOL

Die hier dokumentierten Fälle gehören der Vergangenheit an. America Online hat sich von den deutschen Mitgliedern, die wir dort wegen strafrechtlich relevanter, den NS verherrlichender oder dessen Verbrechen verherrlichender Inhalte gemeldet haben, getrennt. Die folgenden Meldungen sind also ausdrücklich nicht mehr aktuell!

Wir danken America Online für die Unterstützung unserer Arbeit. Seit 2001 ist die FAS kostenfrei online. Mit AOL. Weil man dort weiß, dass unser Engagement gegen rechts auch AOL nutzt. 

FAS-Archiv - nicht mehr aktuell!| Wie ernst sind Worte von »Null Toleranz« gegenüber Rassismus zu nehmen, wenn es in den AOL-Nutzungsbedingungen heißt, dass sich seine Mitglieder insbesondere verpflichten, »AOL nicht zu rechtswidrigen, rassistischen, pornografischen oder für Minderjährige ungeeigneten Zwecken zu nutzen« - und folgende Beispiele zeigen, was für Bekenntnisse deutsche AOL-Mitglieder sich ungehindert leisten können [Wir distanzieren uns ausdrücklich von den Inhalten der folgenden zu Dokumentationszwecken wiedergegebenen Mitgliederprofile!]:

 

Diese Screenshots (die Profilnamen sind um Buchstaben gekürzt) stammen vom Sonntag, den 26. August 2001 und sind nur eine Auswahl aus einem reichhaltigen Angebot, das richtig zügellos wird, wenn man bei der Mitgliederabfrage sich nicht auf deutsche Mitglieder beschränkt. Der Aufruf und das Bekenntnis zum Mord an Juden und anderen ist dort ganz ungebremst zu finden - »Null Toleranz?« Viele Schülerinnen und Schüler und manche Schulen gehen mit AOL online - zum Taschengeldtarif. Eltern, die sich dabei auf der sicheren Seite wähnen, liegen falsch. Mit ein paar einschlägigen Suchbegriffen trifft man dort schnell auf Hass und Gewalt. 

FAS-Archiv - nicht mehr aktuell!| »Wenn alles so einfach wär«: »JudenMorden@aol.com« offline - Online-Dienst unternimmt Schritte gegen rechtsextremistische Propaganda in Mitgliederprofilen und Nutzernamen. Bei kursorischer Durchsicht des Mitgliederverzeichnisses des Onlinedienstes America Online mit Suchbegriffen wie »arisch« / »aryan«, »Holocaust«, »Auschwitz« und »Hitler« stießen wir erstmals am 20. Mai 2001 auf eine große Zahl von Mitgliederprofilen, die in ihrem Namen oder in ihren Angaben zur Person eine rechtsextremistische Orientierung erkennen ließen - ob unter Verwendung von KZ-Namen, Nazi-Kürzeln oder Namen von Nazi-Größen. Wir informierten AOL. Und weil wir keine befriedigenden Antwort erhielten, fragten wir nach - und gingen an die Öffentlichkeit. Wir fanden AOL-Mitglieder wie »Einsatzgruppen**« [nach eigenen Angaben aus Hamburg] und »HitlerNazi******« die als Hobby »killing Jews« nannten, wozu sich das AOL-Mitglied »JudenMorden**« bereits im AOL-Namen bekannte. Hier einige weitere beispielhafte »Fundstücke«: AOL-Mitglied »IIIReich*« nennt als Hobby ungeniert »juden vergasen, sinti und roma jagen«. »MrZyklon**« gibt vor, aus  »Bergen-Belsen, Auschwitz« zu kommen, sein Hobby »Gift Gas - The gift that keeps on giving«, sein Beruf »Distributor of fine lethal gasses/ inhalants« und sein persönliches Motto: »Step into the showers, people... The water is just right......« . Vieles von dem, was dort im AOL-Mitgliederverzeichnis zu lesen sein, ist nicht nur abscheulich und menschenverachtend, sondern dürfte auch zumindest in Deutschland strafrechtlich relevant sein. [Das »*« in den Mitgliedernamen steht für ausgelassene Buchstaben oder Ziffern]. 

Am 6. Juni begann das »Hamburger Abendblatt« auf unsere Presseerklärung hin zu recherchieren, und es kam zum ersten telefonischen Kontakt mit dem Pressesprecher von AOL. In einer ersten Stellungnahme gegenüber der FAS zeigte sich Jens Nordlohne, Pressesprecher von AOL Deutschland, sichtlich betroffen. Dem »Hamburger Abendblatt« gegenüber erklärte AOL-Pressesprecher Jens Nordlohne: »Solche Mitglieder haben bei uns nichts zu suchen. Wir werfen die raus, sobald wir einen Tipp bekommen.« Der Tipp kam, und er kam von der FAS. Auch Andrew Weinstein, Sprecher der amerikanischen AOL-Zentrale, distanziert sich von dem Gefundenen gegenüber dem Online-Newsdienst newsbytes.com, einer Internet-Dependance der »Washington Post«: AOL zeige gegenüber »Hate Speech« »null Toleranz«, sei aber bei mehr als 29 Millionen Mitgliedern auf Hinweise von anderen Usern angewiesen. Die von der FAS angezeigten Fälle würden nun von einem internen Team untersucht. Da AOL in seinen Nutzungsbedingungen ausdrücklich die Verwendung von »Hate Speech« als Ausschlussgrund nenne, fordert Weinstein AOL-Nutzer auf, Verstöße dieser Art dem Lotsenteam zu melden. Seit dem 13. Juni ist das Profil von »JudenMorden**@aol.com« offline.   

Am 8. Juni haben wir dann abends AOL über den »Lotsenruf« allein dreiundzwanzig [der Länderauswahl nach deutsche] AOL-Mitglieder benannt, die im AOL-Mitgliederverzeichnis die Zahlenfolge »14/88« - »14« und »88« - oder »88« allein mit höchster Wahrscheinlichkeit als in rechtsextremistischen Kreisen einschlägige Codes und Erkennungszeichen benutzten. [Bei »88« steht die acht jeweils für den achten Buchstaben des Alphabets, das »HH« für den sogenannten, allbekannten »Hitler-Gruß«; »14« steht in der rechtsextremistischen Szene für die folgenden »14 Worte« des amerikanischen Rechtsextremisten David Lane: »Wir müssen den Fortbestand unserer Rasse bewahren und auch die Zukunft arischer Kinder sicherstellen«; bei den benannten Mitgliedern gab es ausdrückliche Hinweise auf eine rechte Orientierung durch Bezüge zum Skinheadumfeld, zur OI-Szene - »DOItschland« - oder durch offene Bezugnahme auf die »14 Worte«]. Auch am 11. Juni waren die meisten Mitgliederprofile noch immer abrufbar. Am 12. Juni waren nur (oder immerhin?) noch sechs deutsche Mitgliederprofile mit der eindeutigen Verwendung der Kombination »14/88« im Mitgliederverzeichnis zu finden; AOL hatte also angefangen, aufzuräumen. Aber »Heil Hitler@aol.com« alias »Adolf Hitler« und »JudenMorden**@aol.com« waren immer noch »drin«... Seit dem 13. Juni ist das Profil von »JudenMorden**@aol.com« offline. Und »Heil Hitler@aol.com«? Am 28. August 2001 war sein Profil noch immer abrufbar!


Screenshot, 7. Juni 2001

FAS-Archiv - nicht mehr aktuell!| AOL trennt sich von rechtsextremistischen AOL-Mitgliedern. Wir haben AOL wiederholt auf eine Reihe von Mitgliederprofilen mit rechtsextremistischen Inhalten aufmerksam gemacht. Eben gemeldet, schon gekündigt, schien die Devise, denn in den AOL-Nutzungsbedingungen (NUB), 10. Inhalte, Verantwortlichkeit für Inhalte heißt es, dass sich AOL-Mitglieder insbesondere verpflichten, »AOL nicht zu rechtswidrigen, rassistischen, pornografischen oder für Minderjährige ungeeigneten Zwecken zu nutzen.« So sind wir z.B. auf das damalige AOL-Mitglied »Tuerkenjaeger***« mit den Hobbys »Türken töten und f*cken«, und dem persönlichen Motto »Leben ohne Friedman« gestoßen. »Tuerkenjaeger***« ist von AOL umgehend die Mitgliedschaft wegen Verstoß gegen die Nutzungsbedingungen gekündigt worden, dem Vernehmen nach wird er nie wieder AOL-Mitglied werden können. Nicht zur Nachahmung empfohlen: AOL-Mitglied »SKINHEAD********«, Mitgliedsname: »ADOLF HITLER«, Ort: »DEUTSCHLAND«, Familienstand: »keine Zeit dafür«, Hobbys: »Kanaken schlachten«, nannte noch am 7. Juli 2001 als persönliches Motto: »bring jeden kanaken um der dir über den Weg läuft« - das geht schon in Richtung Volksverhetzung. Auch er ist inzwischen ein ehemaliges AOL-Mitglied. 

Bei dem AOL-Mitglied »HEIL HITLER« (Verstoß gegen AOL-NUB, 10., und §86a StGB Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen durch Verwendung des sogenannten »Hitlergrußes«) warten wir noch darauf (am 7. Juli 2001 gegen 13.30 Uhr gemeldet, am 28. August noch immer zugänglich!).

Zur Nachahmung empfohlen: Man kann was tun, zum Beispiel AOL durch Hinweise helfen. »Wenn alles so einfach wär...« [Indem wir die Profile in Auszügen hier dokumentieren, distanzieren wir uns selbstverständlich von den zu Dokumentationszwecken zitierten Aussagen.] 

Jedes Mitglied von AOL Deutschland kann etwas tun. Mit Hinweis auf die AOL-Nutzungsbedingungen (NUB) können Sie die Lotsen auf rassistische Inhalte bei AOL hinweisen.

  Medienreaktionen

FAS-Archiv - nicht mehr aktuell!| AOL kein Einzelfall... Aufgrund der Berichterstattung zu rechtsextremistischen Bekenntnissen im AOL Mitgliederverzeichnis sind wir darauf aufmerksam gemacht worden, dass auch bei Yahoo ähnliche Mitgliederprofile existieren. Der Yahoo User mit der Yahoo ID »murderer_of_the_jews« zum Beispiel teilt das Hobby mancher AOL-Mitglieder: »Killing Jews and Homosexuals«. »ahh_jews_fresh_from_the_oven_88« und 16 andere führen ein »Sieg Heil« in ihrem Profil, beim Suchbegriff »Heil Hitler« wird man 92mal fündig. Gibt es eine Verantwortung der Unternehmen, solche menschenverachtenden Botschaften aus den Mitgliederprofilen zu verbannen? Wie soll die Auseinandersetzung damit aussehen? Rechts liegen lassen? Schreiben Sie uns Ihre Meinung.

FAS-Archiv - nicht mehr aktuell!| Rechtsextremismus im Internet ist kein Problem einer »rechten Schmuddelecke« - er findet, wie das Beispiel AOL zeigt, selbst in der familienfreundlichen Mitte des Mediums statt. Die Forschungs- und Arbeitsstelle (FAS) »Erziehung nach/über Auschwitz« lädt Online-Dienste, Provider, Medien und Expertinnen und Experten aus anderen gesellschaftlichen Bereichen dazu ein, mit uns über neue Auseinandersetzungsformen nachzudenken.